Ventanas de Güimar – Leitfaden für Erstbegeher

Begonnen von picass, 20.03.2024, 17:34:48 CET

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picass

Ventanas de Güimar – Leitfaden für Erstbegeher

Für diejenigen, welchen diese Tour unbekannt ist, zur kurzen Einführung: Es handelt sich um eine Wanderung auf Teneriffa. Diese Insel ist komplett vulkanischen Ursprungs, anders gesagt: sie besteht aus einer Menge an Vulkanen, die allerdings lange nicht mehr aktiv sind. Aber diese Herkunft erklärt, warum das Wort ,,Wanderung" für sämtliche Wandertouren falsch verwendet ist. Nahezu nirgends gibt es eine Gegend, die nicht aus einer Abfolge von Bergen, tiefsten Schluchten – Barranco ist das spanische Wort – und aus mehr oder weniger steilen Landschaftsformen gestaltet ist, sehr gerne auch von zerklüfteten Lavafeldern bedeckt. Laut diverser Wanderführer – also den Büchern oder den in elektronischen Medien gefassten Berichten – gibt es drei Arten von ,,Wanderungen": die einfachen, von denen allerdings jede einzelne ausreichend Stellen aufweist, die für Knochenbrüche und Schädel- Verletzungen gut sind, dann die mittelprächtig schweren, für die ,,Trittsicherheit" und ,,Schwindelfreiheit" erforderlich sind, und dann die dritte Kategorie: die gefährlichen Routen. Das sind dann diejenigen, auf denen immer wieder mal Touris sich zu Tode oder zum Krüppel stürzen oder in Tunneln ersticken.

Die genannte Tour gehört zu dieser dritten Kategorie, liegt im östlichen Bereich von Teneriffa und dort in den Bergen, welche die kleine Küstenstadt Güimar zur Landseite hin umzingeln. Der Weg führt entlang einer dieser für diese Vulkaninseln typischen Wasser-Leitungswege, welche das hoch in den Bergen aus angezapften Quellen entnommene Wasser in früher mal Wasserrinnen und heutzutage 20 cm-dicken Kunststoffrohren zur Küste leiten. Für die alten Wasserrinnen wurden in nicht nachvollziehbar mühevoller Arbeit Trassen angelegt, die direkt an Steilwände angeklebt scheinen. Es wurde in diese Steilwände eine schmale Schneise geschlagen. Auf einer Gesamtbreite der Schneise von gut einem Meter verläuft zur Bergseite hin die Wasserrinne aus ,,U"-förmigen Betonelementen und zur Talseite hin ein schmaler Trampelpfad. Natürlich musste vielfach der Berg getunnelt werden. Um den Abraum bei den Tunnelarbeiten los zu werden, wurden dann – wenn der Verlauf des Tunnels im Abstand von 2 bis 3 Metern parallel zur draußen verlaufenden Steilwand geführt war - alle paar Meter einfach vom Tunnelinneren nach außen durch gebrochen. Es entstanden Quadratmeter große Löcher in der Außenwand, der Schutt wurde die Steilwand runter gekippt und weg war er. Tunnel, welche nicht nahe der Steilwand verliefen, blieben fensterlos und sind zappenduster drinnen.

Die genannte Tour führt an mehreren solcher Steilwände längs und durch gesamt 10 Tunnel. Einer davon wurde in eine 400 hohen Steilwand integriert. Deren zahlreiche Öffnungen geben atemberaubende Blicke frei und sind als ,,Ventanas de Güimar" - bekannt.


Diese Tour bin ich im März 2024 zum ersten Male gegangen. Darüber habe ich diesen Bericht erstellt, welcher als Hauptzweck Informationen über Vorbereitung, die Ausrüstung und die Art der Wanderung selbst bieten soll. Diese Ausführungen wenden sich erklärtermaßen nicht an geübte Bergsteiger oder an diejenigen, welche diese oder ähnliche Touren schon mehrfach erfolgreich begangen/bekraxelt hatten, sondern vorwiegend an diejenigen, welche die Begehung dieser Strecke eventuell in Auge fassen, sich aber vorher ein möglichst gutes Bild über die Ansprüche, die Gefahren und sinnvolle Möglichkeiten der Vorbereitung verschaffen möchten.
Touristische Aspekte lasse ich nahezu komplett weg, auch die üblichen Bilder, welche ja zahlreich im Inet zu finden sind. Hier sollen die Infos geboten werden, welche den Interessenten Infos und Argumente anbieten, um einschätzen zu können, ob man den Ansprüchen der Tour gewachsen sein wird. Klar sollte sein: es handelt sich um eine subjektive Beschreibung und da ich kein Profi-Kletterer bin, nehme ich für meine Beschreibung auch nur den Anspruch eines sportlichen Wanderers an. Selbst war ich zum Zeitpunkt der Wanderung 77 Jahre alt, ohne besonderen Konditionsstand, aber im Grundsatz sportlich. Eine im Prinzip vergleichbare, aber deutlich weniger gefährliche Tour war ich vor Jahren auf der Nachbarinsel La Palma gelaufen. Diese Wanderung hier  hatte ich alleine ausgeführt.


Der Plan:

Für diese ,,Fenster-Tour" gibt es verschiedene Routen-Vorschläge.
Mein Rother-Wanderführer – wohl aus der  Zeit, als Besucher noch mit  dem öffentlichen Bus an- und abreisten – schlägt eine extreme gesamte Laufstrecke von 15 km mit Start und Ende in Güimar vor und damit sowohl sehr lange Laufwege je vor und nach der Tunnel-Strecke als auch zweimal die Überwindung von Höhenunterschieden von je mehreren Hundert Metern. Als ,,Alternative" bietet dieser W-Führer noch eine Route an, welche nach dem neunten Tunnel einen anderen zehnten Tunnel vorschlägt – ja, es gibt zwei ,,zehnte Tunnel". Dieser Andere führt nach dem Neunten rasch ins Freie und sieht dann einen Rückweg über eine südliche Strecke durch die Gebirgslandschaft vor. Zu dieser Alternative sollte man wissen, dass dieser vermeintlich einfachere Rückweg zunächst durch einen völlig verwachsenen Barranco führt, in dem man sich vermutlich die Kleidung zerreißt, dass der Weg langanhaltend und steil auf einen Berggipfel führt und von diesem aus sich dann über Kilometer bis zum zweiten Funkturm hinzieht. Allein dieser ,,Rückweg"  braucht Stunden.

Für gestandene (!) Bergkletterer gibt es nach diesem anderen zehnten Tunnel die Möglichkeit, direkt in den tiefen Barranco Richtung Güimar abzusteigen. Aber wer kein bewährter Bergkletterer ist, keine Begleitung mit Seilsicherung hat, für den wird das – ich zitiere einen Erfahrenen – ein ,,kontrollierter Absturz". Das also rasch vergessen.
Die meisten Wanderer laufen bis zum achten Tunnel und gehen dann zurück, vor allem, weil sie so zum Ausgangspunkt am ersten Funkmast zurück kehren können, wo sie ihren Leihwagen geparkt hatten und sich so auch den Taxifahrer ,,ersparen" können.

Aber es gibt in einem der Wanderberichte im Inet auch eine Warnung, den 10. Tunnel zu begehen. Da schreibt ein Autor, dass es  in Tunneln wie diesem – er hat 500 m, ist damit der mit Abstand Längste auf dieser Tour und fensterlos – durch Stickoxyde zu Erstickungen kommen könne. Die deutlich größere Wärme in diesem Tunnel verleitet diesen Autor zu der Aussage, die Wärme käme vom Druck des Gebirges über dem Tunnel, der Tunnel wäre instabiler als andere und er wolle nicht durch einen ggf. einsturzgefährdeten Tunnel ums Leben kommen. Vielleicht - sogar wahrscheinlich - schreckt das Horrorstatement dieses Users so Manchen ab und veranlasst zur Rückkehr.

Diese Behauptungen – bezogen auf den 10. Tunnel – sind aber ausgemachter Unfug und lassen sich ad absurdum führen. Selbst bin ich kein Geologe und auch kein Tunnelbauer, aber wenn ein Tunnel auch für Laien bei Betrachtung der Tunnelwände sichtbar stabil gebaut ist, dann dieser hier. Wenn überhaupt, dann bestehen Einsturzgefahren an ganz anderen Stellen und die liegen ausgerechnet dort, wo niemand aus solchen Gründen kneift, nämlich an den berühmten Fenstern. Just dort sind an vielen Stellen die Öffnungen derart groß und vielfältig geraten und die verbliebenen ,,Fensterrahmen", also die Felsstützen zwischen den Öffnungen so schmal und spitzig, dass nicht gerade wenig Stützen regelrecht filigran erscheinen. Dort – aber auch nur dort – hatte ich mich gefragt, ob das tatsächlich noch eine stabile Konstruktion sein könnte und ob die zerfurchten und zerklüftet erscheinenden ,,Stützen" dem Gewicht des darüber lastenden Gebirges auch standhalten.  An diesem 8. Tunnel sind solche Gedanken denkbar, im offensichtlich stabil gebauten 10. Tunnel ohne solche Schwachstellen sind sie einfach nur absurd.

Es verbliebe noch die Befürchtung des o.g. Users, im langen Tunnel könnte auch mangels ausbleibender Lüftung durch ungute Gase eine Erstickung möglich sein. Das ist nun keine bloße Theorie, denn es sind auf Teneriffa in der Tat schon Wanderer erstickt, weil sie in einen ihnen unbekannten, sehr langen Tunnel liefen, der am Ende keinen Ausgang hatte. Damit hatte er auch keine Belüftung und dort kamen die dann um. Aber der entsprechende Tunnel ist schon längst beidseitig verbarrikadiert, also kein Zugang mehr möglich.

Um meiner durch die o.g. exaltierte Ansicht los getretene Befürchtung etwas entgegen setzen zu können, hatte ich versucht, vor der Wanderung noch ein kleines CO2-Messgerät zu kaufen. Die gibt es neu ab ca. 50 Euro, gebraucht so ab 30 €. Ein Kauf kam aber aus Zeitgründen nicht mehr zustande und ich kam auf eine andere Idee:
Am Morgen der Wanderung steckte ich mir eine gut einen Meter lange Rolle Toilettenpapier ein, aber nicht für ,,übliche" Verwendung, sondern für einen ausgefallenen Test! Wie auch an allen anderen Tunneleingängen hielt ich an demjenigen für den 10. Tunnel meinen  Cross-Check ein, wozu hier das Auswickeln der Papierrolle zählte. Den Meter Flatterpapier hielt ich dann mitten in die Tunnelöffnung und war völlig verdutzt: das geplante Doku-Foto wollte kaum gelingen, weil der Papierstreifen von meiner linken Hand durch die heftige Bewegung der aus diesem Tunnel strömenden Luft fast in die Waagerechte gestreckt wurde! Mein rechter Arm mit der Knipse wurde lang und immer länger, um diesen Windanzeiger überhaupt noch aufs Bild zu bekommen. Sprich: da herrschte ein solch starker Durchzug im Tunnel, dass jedweder Gedanke an ungute Luftverhältnisse drinnen sofort im wahrsten Sinne des Wortes weggeweht wurde. Mit bestem Gefühl ging es in diesen in der Tat deutlich wärmeren Tunnel und auch das zeitweilige Probe-Schnuppern zeigte nichts anderes als frischeste Bergluft, die auch noch einen Hauch von Pinienduft des Waldes hinter diesem 10. Tunnel aufwies.

Warum ist es in diesem Tunnel so warm?  Druck von oben gibt es auch in den anderen Tunneln, damit ist zumindest objektiv in dem 10. Tunnel nichts anders als in den anderen auch. Aber da war doch was? Hieß es nicht, Teneriffa – wie auch so manche Nachbarinsel – wäre vulkanischen Ursprungs? Und ja doch - Teneriffa besteht komplett aus gaaaaanz vielen Vulkanen! Die Nachbarn auf der Insel La Palma haben vor wenigen Jahren noch bitterst erfahren müssen, dass auch heute noch Vulkane in dieser Region aktiv sein können. Dieser zehnte Tunnel ist eindeutig derjenige, welcher am weitesten ins Landesinnere gerichtet ist. Weil er keine Fenster hat und auch nicht wie viele seiner T-Vorgänger direkt an einer Felskante geführt ist, sondern sich ganz solide direkt durch einen Gebirgszug durch ,,tunnelt", kann er vom umgebenden Gestein die geologische Wärme am besten aufnehmen und die ist zum Insel-Inneren sicher größer als im Außenbereich.
Aber keine Sorge: Im Gegensatz zu La Palma gibt und gab es auf Teneriffa seit einem Jahrhundert keinerlei nach außen dringende vulkanische Aktivität. Die Letzte war 1909, fand im Norden statt und davor bestand eine Pause von 200 Jahren. Es gibt nicht mal heiße und blubbernde Quellen an der Oberfläche. Also bitte cool bleiben. Gegen etwas Wärme aus der Tiefe spricht nichts. Wer nun immer noch Angst vor möglichen vulkanischen Aktivitäten hat, sollte seinen Urlaub doch besser in Mallorca oder am Tegernsee verbringen.

Vieles ist natürlich Anschauungssache. Nach meiner Ansicht erreichen diejenigen, welche vor dem 9. oder 10. Tunnel abbrechen und zurück laufen, zwar den Höhepunkt – die ,,Fenster" – , verpassen aber den schönsten Teil der Strecke!
Auf deren Rückkehrer-Route (Tunnel 1 bis 8 (9)) wirkt der Blick in die atemberaubende Tiefe oder über Abgründe hinweg. Der Abschnitt hinter dem zehnten Tunnel hingegen bietet mehr und Anderes: unbedrängte Blicke in verschiedene Landschaftsformen! Diese Blicke lohnen besonders: unbehelligt von der Sorge um Absturz-Kanten und Abgründe kann man seine Blicke schweifen lassen und wandert währenddessen überwiegend sogar durch echten Wald. Auch wenn es auf den ersten Metern hinter dem 10. Tunnel ebenfalls noch einen stattlichen Barranco zu bewundern gibt, bewirkt  die Waldwanderung ein hervorragendes, auf der vorigen Strecke nicht vorhandenes Sicherheitsempfinden. Mit dem Verlassen des 10. Tunnels ist Entspannung  angesagt. Man/frau können hier ungeniert genießen und ihrer Freude über das offensichtliche Gelingen der Wanderung freien Lauf lassen.
Die vorherige Risiko-Begehung mutiert zu einer Genuss-Wanderung!
Dieser weitere Weg führt längs des Wasserkanals ein Stück weit unterhalb der Kammhöhe sachte Richtung Tal. Dabei erlebt man zunächst eine üppig begrünte Berglandschaft, dann verschiedene Vegetationsebenen und genießt auf dieser letzten Etappe immer sehr weite Blicke in Täler, auf die Stadt und das Meer.
Diese Genüsse sollte  man sich auf keinen Fall entgehen lassen, schon gar nicht, um evtl. 30 € – und das wird ja meist noch aufgeteilt - ,,sparen" zu können. Diese letzte Etappe – ab und inklusive Tunnel 10 direkt ins Tal runter – ist zudem ein Vielfaches ungefährlicher zu begehen als das Zurücklaufen durch alle Tunnel und das erneute Begehen all der ausgesetzten Trampelpfade und damit verbunden der Verdoppelung zweifelsfrei bestehender Risiken.

Aus diversen, vor allem aber den vorgenannten Gründen meine Strecken-Wahl:
Um der in meinem Reiseführer vorgeschlagenen Wanderstrecke von 15 km und deren tierischer Belastung durch Hunderte an Höhenmetern erst rauf und dann am Ende wieder runter zu entgehen, sollte die Laufstrecke so kurz als möglich gehalten werden. Dazu gehörte zunächst, den Leihwagen so weit als möglich an das Ende der Straße ,,Camino las Coloradas" westlich von Güimar zu fahren und dort zu parken. Dies ließ sich auch gut umsetzen. Der L-Wagen wurde unmittelbar am Waldrand und dem Beginn des Forstweges abgestellt. Dies entsprach dann dem späteren Endpunkt der Tour. Dort wurde ins Taxi umgestiegen und die Fahrt runter nach Güimar und rauf zu den Funkmasten ausgeführt. Die nennen sich ,,Antena de comunicaciones", weiteres Stichwort ist ,,Anocheza". Damit weiß jeder Taxifahrer auf Anhieb, was gemeint ist.

Der Versuch, auch an den Funkmasten den Weg noch zu verkürzen und einen geländegängigen Wagen und entsprechend bereiten Fahrer zu finden, der noch weiter und höher bis zum zweiten Masten fahren würde, scheiterte jedoch. Die Taxiunternehmen haben kein solches Fahrzeug und die  durchaus bemühte, aber nur selten überhaupt besetzte Tourist-Info konnte da nicht weiterhelfen.
Also Startpunkt der Wanderung am Ende der Asphalt-Piste der Straße ,,Corona forestal" und damit am ersten Funkmast.

Das Wetter:
Ist sonnen-klar: nur (!) bei gutem Wetter. Bei meinem früheren Teilversuch (bis zum gelben Bagger) selbst erlebt: anfangs bestand ,,gutes" Wetter, aber gegen Mittag zogen Wolkenfelder bis in die Höhe des ersten Funkmastes. Unser damaliger Fußrückmarsch von der Wasserrinne auf die Forststraße, vorbei an beiden Funkmasten und danach den langen Abstieg über den Camino de Royal ins Tal nach Güimar führte gleich noch in der Nähe des ersten Funkmastes zu einer vollständigen Durchnässung. Nein, es regnete nicht, aber die Wolken enthielten und entließen derart viel Wasser, dass wir in Kürze klatsch nass waren. Sollten solche Wolken den höheren Bereich der Tunnel-Strecken erreichen, bedeutete das eine rasche Nässung des Weges, ein extremes Ansteigen des Risikos und aus meiner Sicht eine Nicht-Gangbarkeit auf der gesamten Tunnel u. Wasserrinnen-Strecke. Es gibt mehrere Wegstellen, an denen entweder die Steinplatten/Felsstücke oder aber der lehmige Untergrund dann derart glatt werden, dass die Gefahr exorbitant steigt. Auf nassem Weg würde ich nicht gehen wollen. Zudem steigt bei Nässe die Steinschlaggefahr.

Eine Info-Möglichkeit über das Wetter ist natürlich das Inet und dort die diversen Wetter-Portale. Selbst hatte mir diese Seite gefallen: www.kachelmannwetter.de Da gibts zwar auch viel störende Werbung, aber die eigentlichen Inhalte sind übersichtlich dargeboten. Dennoch: auch für Kachelmann gilt Gleiches wie für alle anderen Wetterfrösche: der Vorhersage, auf welcher Sprosse der Leiter der Frosch in den nächsten Tagen sitzen wird, ist mit Vorsicht  zu begegnen. In meinem Fall wurde für den avisierten  Wandertermin an einem Montag bestes, trockenes Wetter schon Tage  vorher angekündigt, während für den Folgetag, den Dienstag dann Regenwahrscheinlichkeit 3 % für Güimar angesagt war. Der Montag wurde von mir aus anderen Gründen gecancelt. Es verblieb für mich nur der vermeintliche ,,Niesel-Tag" am Dienstag. Aber an diesem Dienstag-Morgen war die Regen-Warnung in der Tagesvorhersage plötzlich verschwunden und tatsächlich gabs vor Ort echtes Kaiserwetter. Sogar die standardmäßig Mittags auftauchende Wolkendecke am Berghang blieb aus. Gegen 17 Uhr kam diese dann doch noch, aber in Form leichtester Bewölkung und spendierte sogar
ca. 30 Nieseltröpfchen. Da war ich aber schon 200 Meter unterhalb der Tunnelstrecke. Also wettermäßig Tage vorher am Ball bleiben und auch am Wandertag noch an aktuelle Infos gelangen.


Taxifahrt:
Es gibt wohl 4 oder 5 Taxiunternehmen in Güimar. Die sind im Vorfeld via Email oder Webside nicht erreichbar. Bitte beachten: ohne Spanisch-Kenntnisse ist fast keine Verständigung möglich. Die Taxifahrer selbst sprechen auch kein Englisch. Selbst hatte ich vorab zu Hause schriftlichen Text mit meinen Wünschen vorbereitet und den mittels üblicher Übersetzungs-Software (z.B. Google) ins Spanische transferiert. Mit Hilfe dieser Papiere klappte dann die Verständigung gut.

An der Ostküste der Autobahn in die Abfahrt 22, auf die TF-61 nach Güimar, im Ort rechts und nochmal rechts (Richtung Norden) auf die TF-28, welche dort ,,Avenida de Santa Cruz" heißt, und nach einigen Hundert Metern liegt rechts am Straßenrand der Taxistand – links mündet die Straße ,,C.Tasagava" ein. Dort also ein Taxi ergattern.

Am Wandertag hatte ich diese öffentliche Taxistation angefahren und musste nur 5 min warten, bis ein Taxi kam. Man kann auch wie sonst üblich in einer Bar oder Tankstelle um den Ruf eines Taxis bitten. Meinen per Zufall angetroffenen Fahrer kann ich empfehlen. Er war  sehr freundlich, fuhr im Gegensatz zu manch anderen Taxifahrern, welche los jagen, als ob sie für eine Rally proben, normal zügig und besonnen. Seine T-Nummer lautet: 620 217 847 und sein Name ist ,,Javi". Dieser Fahrer war vom Taxistand die lange Strecke bis zum Abstellplatz des Leihwagens vor mir  her gefahren, hatte mich am Abstellplatz aufgenommen, nach Güimar runter und zum Antennenmast gebracht. Als Preis für seine Gesamtfahrleistung zeigte das Taxameter 29 Euro, was ich angesichts der Länge und der teils engen, steilen Sträßchen für wenig halte.


Die Vorbereitung, dazu einzelne Tips:

- wichtig: Checkliste mit allen wichtigen Dingen! Am Morgen der Tour herrscht aus guten Gründen eine gewisse Aufregung beim Aufbruch. Fatal, wenn man nach langer Anreise feststellen muss, ganz Wichtiges vergessen zu haben.

- egal, wie heiß es am Hotel sein sollte: dringend lange Hose – komplett bis zu den Schuhen - ,
und langärmeliges Hemd: Verletzungen beim Durchzwängen, bzw. dichtem Entlang-Drängeln an Büschen und Zweigen mit Dornen gibt es selbst mit denen noch. Wenn man mit kurzer Hose aus Sorge vor diesen Verletzungen auf schmalstem Pfad den Büschen zur Absturzkante hin ausweichen muss, rsp. möchte, zeigt das kein durchdachtes Verhalten. In dieser Höhe ist es eh' nicht so heiß. Anfang April herrschten dort ca. 14 Grad. Besser Schwitzen, als ein völlig unnötiges Risiko einzugehen.

- Pflaster für solche kleinen, aber gerne blutigen Schrammen und Wunden einpacken.

- mentale Situation: wer an den Tagen vor der Tour von Zweifeln geplagt, ggf. nachts mit unguten Befürchtungen im Schlaf gestört wird und auch am Morgen der Wanderung noch diverse Ängste hat, sollte verzichten. Es gibt ganz viele andere, deutlich ungefährlichere und auch sehr beeindruckende Wanderwege. Diese gefährliche Tour sollte nur antreten, wer in den Tagen vorher und speziell am Morgen der Tour deutlich spürbare Vorfreude empfindet.


- Wanderstöcke:
sehr empfehlenswert ist einer, zwei dagegen gar nicht.

Zwei Stöcke sind nicht nur nicht sinnvoll zu gebrauchen, im Gegenteil gefährden sie: zum einen könnten sie dazu verleiten, an steileren, schräg geneigten Stellen oder den vielen Auf- u. Abstiegen an der Wasserrinne doch das ganze Körpergewicht auf sie zu bringen – wozu sie nicht gebaut sind, schon gar nicht die üblichen leichten Alu-Stöcke. An ein Einknicken oder Abrutschen eines Stabes zur Abgrundseite hin mag ich nicht mal denken wollen. Zum Gleichen stören sie extrem beim Wandern entlang der W-Rinnen. Da braucht man dauerhaft eine Hand ganz frei, um mit dieser Hand alle Nase lang eine Ausgleichs-, bzw. Balancier-Bewegung machen und sich kurzfristig an der Rinne halten zu können. Dabei ist ein Stock in dieser Hand störend wie Krebs im Körper und ein rascher Notgriff wird so nahezu unmöglich. Auch in den Tunneln gibt es für einen zweiten Stock keine Verwendungsmöglichkeit, er würde aber definitiv stören und den Griff zum Rinnenrand verhindern. Wer glaubt, doch zwei Stöcke gut gebrauchen zu können, z.B. beim ersten steilen Wegstück vom ersten zum zweiten Antennenmasten, hat auf dieser Wanderung nichts zu suchen.

Ein Stock wird hingegen sehr fix zu einer wertvollen Hilfe! Aber glasklar gesagt: nur zum Balancieren und das auch mitnichten dauernd! Aber bei dem vielen Balance-Laufen auf einem Rinnenrand oder dem Übersteigen von einem Rand zum anderen und auch, um den einen Stock auf schmalstem Wege zur Abgrundseite hin als gelegentliche absichernde Balance-Stabilisierung zu nutzen, ist das Ding einfach Klasse: eine wertvolle Hilfe! Nicht vergessen: auf der langen  Strecke kann nach dem vielen Kraftaufwand und der andauernden aufzuwendenden Konzentration später schon ein gewisses Nachlassen von beidem eintreten. Da ist aus meiner Sicht eine Hilfe beim Banlancieren eine feine Sache.
Klar sollte sein: keine Metallspitze unten! Die wird auf glatten, abschüssig gerichteten Steinen abrutschen. Auch auf dem Rinnenrand ist Metall auf Stein eine prächtige Voraussetzung für einen Unfall. Nur eine Spitze aus Hartgummi ist brauchbar. Ist die nicht verfügbar, dann auch auf den einen Stock verzichten.

Aus technischen Gründen geht es weiter im Beitrag: TEIL 2
gefährlich1.jpggefährlich2.jpggefährlich3.jpggefährlich4.jpgstrecke1.jpgstrecke3.jpgstrecke4.jpgstrecke6.jpg


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TEIL 2
von Ventanas de Güimar - Leitfaden

Weiter mit Ausrüstung:

Lampe:
Taschenlampe oder Stirnlampe oder beides ?
Vorab: dass niemand auch nur ansatzweise in Versuchung kommt, an Tunnelgänge ganz ohne Lampen zu denken, setze ich als selbstverständlich voraus. Nicht auf die absurde Idee kommen, dass ein Smartphone auch reichen könnte. Wer doch ohne solche Lampen oder mit dem Gefunzel eines Smartphones in die Tunnel will: bitte dringend vor dem Start mehrere Selfies anfertigen, um den noch nicht eingeschlagenen Schädel und das noch nicht schmerzverzerrte Gesicht zu dokumentieren.

Es gibt ja heute dank der Lithium-Akkutechnik und des Fortschritts bei LEDs niedliche, kleine, nahezu hübsche und leichte Stirnlampen. So'n Ding hatte  ich auch mit und auch im ersten Tunnel auf dem Hut – zusätzlich zu meiner Handlampe. Aber danach nicht mehr! Klare Ansage: eine gute Handlampe, das reicht hinten und vorne und gut isses! Diese Lampe zusammen mit dem einen Stock in die rechte Hand, dann ist die  Linke frei und das reicht bestens. Mit der Lampe im schnellen Wechsel den Tunnelboden, die Decke und auch die nächst liegenden Seitenwand beleuchten......, so kommt man bestens durch.

Meine H-Lampe war eine ,,Ansmann LED Torch M1500F" mit 20 Watt Cree-LED, 1500 LM,
4 Stunden Leuchtdauer bei 100% Helligkeitsstufe, stufenlose Fokussierung des Lichtkegels und u.a. noch einer beeindruckenden SOS-Lichtnotruf-Blitzerschaltung. Diese Lampe hat ein sehr stabiles Alu-Gehäufe, wird mit Batterien betrieben, die  freundlicherweise gleich mitgeliefert werden. Sie kostet normal 30 €, bei Reichelt gab es sie im Angebot mit Batterien für 20 €. Die niedliche Stirnlampe schlägt mit 40 € zu Buche. Von der Verwendung der heute gern genommenen Lithium- oder anderer Akkus rate ich ab. Das macht solche Lampen viel teurer, man braucht ein Ladegerät, das gerne vermisst wird, wenn man es braucht, und nach der  ersten Benutzung kümmern die schweineteuren Akkus in aller Regel dahin und sind bald unbrauchbar. Batterien frisch gekauft sind sehr preiswert, geben ganz viel Power und halten mehr als genug.

Gegen die hübschen Stirnlampen spricht auch diese Überlegung: es geht  ums Licht, also deren Menge. Nötig  sind mindestens eine 10-Watt-Hochleistungs-LED, aber besser gebraucht man 20 Watt, um im tief Schwarzen wirklich gutes Licht zu haben. Diese 10 oder 20 Watt werden an Leistung wirklich umgesetzt und der größte Teil davon als Hitze. Diese Hitze in der LED muss irgendwo hin. Für Nicht-Elektroniker: bereits ab 1 Watt müssen elektronische Komponenten über einen geeigneten  Kühlkörper verfügen. Das ist bei niedlichen Stirnlampen definitiv nicht gegeben! Was im Umkehrschluss bedeutet: in die Niedlichen kann keine wirkliche Hochleistungs-LED verbaut werden, weil deren Hitze nicht abgeführt werden kann. Natürlich gibt es auch leistungsfähige Stirnlampen, aber die sind groß, die Akkus/Batteriepacks schwer und die Befestingsbänder drücken auf den Kopf.
Egal, wie ,,hipp" die Niedlichen sein sollten und auch wenn die Werbung anderes suggerieren möchte: deren nutzbare Lichtmenge ist im Tief-Schwarzen viel zu gering. Und das noch zu doppelten Kosten gegenüber den viel robusteren Handlampen.



Tipps für die Strecke:
- wer ohne Helm läuft, sollte in allen Tunneln an nichts anderes als das unfallfreie Gehen im Tunnel denken und so seine Konzentration für das Vermeiden von schweren Kopfverletzungen reservieren.

- Blick in die Tiefe: hatte ich mir bewusst auf nahezu der gesamten Strecke verkniffen. Nur sehr seltene solcher Blicke hatte ich mir gestattet. Von Einem sollte man vollständig Abstand nehmen, nämlich dem Ehrgeiz, einmal oder gar häufiger mit Blicken auszuloten versuchen, wie steil es denn nun an entsprechenden Passagen - z.B. den Fenstern im Tunnel - nach unten geht. Sich dabei am Fenster-"Rahmen" - sprich: der Felswand – festzuhalten, dann vorzubeugen und den Blick oder den Fotoapparat in die Lotrechte zu bringen, ist aus meiner Sicht Anlauf zum Selbstmord.

Was........, wenn dieses Stück Felswand, rsp. der kleine Brocken an der ,,Stützstelle" entgegen der Optik doch locker sein sollte? Oder man/frau entgegen der eigenen Erwartung doch von Schwindel angesichts des Abgrundes erfasst wird? Oder der Rollsplitt an den Fensteröffnungen unten missachtet wurde?
Lasst diesen gemeingefährlichen Leichtsinn und begnügt euch mit dem Blick in die eh' atemberaubende Landschaft aus sicherem Abstand!
Auch auf den vielen teils nur fußbreiten Pfaden hatte ich auf ,,Tiefenblicke" verzichtet, stattdessen
meine Aufmerksamkeit immer auf die Gangbarkeit des Weges gerichtet. Zudem hatte ich darauf
geachtet, möglichst dicht an der Wasserrinne längs zu laufen und auch dann, wenn es nicht unbedingt nötig schien, die Möglichkeit genutzt, durch gelegentliche Griffe zum Rinnenrand für eine Balancierhilfe, vor allem aber für ein Sicherheitsgefühl zu sorgen.

- Festhalten an Büschen:
Natürlich sucht man an solchen Stellen, an welchen der Pfad zum Abgrund hin schräg geneigt ist, kein Rinnenrand in der Nähe ist und an anderen, teils ungemütlichen Pfadstellen nach einem Halt an Büschen. OBACHT: So manche der stabil aussehenden Stängel sind alles andere als belastbar. Es lieber nicht darauf ankommen lassen, sein Gewicht diesen Stängeln anzuvertrauen und keinesfalls ruckartig daran reißen. Mit zartem Griff kann man sie ggf. belasten, aber sachte zugreifen!

- in den meisten Tunneln muss sich ein Mensch mit mehr als 1,80m Größe ziemlich zusammen falten. Das geht, aber bequem ist anders. Ein übergroßer Rücksack auf dem Rücken bleibt gerne oben an einem Felsbrocken hängen und vor der Brust getragen nervt er gewaltig. In den längeren Tunneln bin ich an Stellen, welche ausnahmsweise Stehhöhe aufwiesen, für wenige Sekunden stehen geblieben. Ein kurzes Aufrichten entspannt Rücken wie allgemeine Lage und man sammelt neue Konzentration an.

- Stichwort: Müll
Hoch erbaulicherweise fanden sich auf der gesamten Strecke keine Hinterlassenschaften wie Plastik-oder sonstige Flaschen, Essensreste oder Tücher. In diesem Punkt sind die Wanderer dort offensichtlich sehr diszipliniert. An einer Stelle lagen Eierschalen....., auch die kann und sollte man wieder mitnehmen.


Meine Strategie der Streckenbegehung:

- Stopps nur an den Tunnel-Ein-u.Ausgängen und zum Fotografieren.
- an allen Tunnel-Ein- u. Ausgängen für einige wenige  Sekunden einen ,,Cross-Check" ausführen, u.a. auch über den körperlichen und mentalen Zustand.
- an jedem Tunnel-Eingang die Lampe raus, den Helm/die Mütze auf, Stock und Lampe in die rechte Hand.
- an jedem Tunnel-Ausgang alle für den Tunnel extra genutzten Dinge weg stauen, um die Hände wieder frei zu bekommen und nicht durch rum baumelnde Gegenstände in der Konzentration abgelenkt zu werden. Dann ein kritischer Blick auf die Gestaltung des weiteren Weges und weiter.

- Fotos: jeder, wie er möchte. Aber bitte den Zeitaufwand dafür im Auge behalten. Selbst habe ich auf ,,touristische" Fotos weitestgehend verzichtet und mit wenigen Ausnahmen nur solche angefertigt, die evtl. kritische Wegstellen oder solche anzeigten, die für Einschätzung der Beschaffenheit des Weges von Interesse waren. Trotz dieser Zurückhaltung wurden es genau 100 Fotos! Die allein dafür aufzuwendende Zeit kann sich je nach Fixheit enorm aufschaukeln. Bei mir ging das so: rasch den kleinen Fotoapparat aus dem Futteral, Einschalten, 2 sec für Auswahl des Bildausschnittes, zack:Auslöser und auch schon wieder ausgeschaltet und fix verstaut haben. Das ging im Akkordtempo. Trotzdem: mal Hundert...! Ich hab's zuhause nachgestellt (hochgerechnet): da sind 45 min im Stillstand nur fürs Fotografieren verwendet worden!!!!

Die Zeiten:
- 24 min vom ersten Funkturm zum zweiten;
- 3 h 30 min vom Startplatz an der Wasserrinne durch alle 10 Tunnel und die nachfolgende Wasserrinne lang bis zum Erreichen der Forstpiste.
- 25  min die weitläufig geschwungene Forstpiste runter bis zum Autoparkplatz.

Diese gesamte Strecke also ca. 4 h und 30 min – ohne eine einzige Pause , allerdings mit den Fotostopps. Zieht man die Zeit für die Fotoanfertigung ab, verbleiben als reine Laufzeit 3 h und 15 min.


Der tatsächliche Ablauf der Wanderung:

Die begann – wie dargestellt – am ersten Funkmast. Die steile Forstpiste zum zweiten F-Mast verlangte alle paar Hundert Meter einen 15-sec-Stopp! Das ziemlich rasant arbeitende Herz ließ einen herrlichen Rundblick als geraten erscheinen.
Den Weg bis in die Nähe des berühmten, abgestürzten, gelben Baggers noch vor  dem ersten Tunnel kannte ich bereits. Ebenfalls kannte ich aus der Betrachtung zahlreicher Wanderschilderungen im Inet und den vielen, vielen Bildern auch die Zurschaustellung des eigenen Egos so mancher Wanderer, die teils auf die obersten Traversen des Baggers geklettert waren und dort affektiert posiert hatten. Weil das nicht so mein Ding ist, hatte  ich mir vorgenommen, vom Bagger nur ein Foto anzufertigen und dann schleunigst weiter zu gehen. Das gelang mir derart trefflich, dass ich einer derjenigen Wanderer wurde, welche es schafften, sich auf dieser vermeintlich einzigen Wegführung doch zu verlaufen!!!

Mein Weg führte stracks am Bagger vorbei auf dem natürlich und gerade sich fortsetzenden Pfad. Der wurde nach kurzer Zeit ungemütlich: er wurde noch enger und führte vor allem in vielen Kehren und manchen arg steilen Anstiegen durch den Steilhang. Mehrfach bin ich ,,auf-allen-Vieren" weiter, hielt  mich an Dornenbüschen fest und vermied mit Mühe, den Wanderstock doch mit Gewicht zu belasten. Die Strecke wurde immer unübersichtlicher und der Blick rings über den Steilhang verhieß nichts Erbauliches. Dann gabs eine Weggabelung und die Richtung der ,,richtigen" Strecke war nicht ersichtlich. Da warf ich mein Smartphone an und starrte entsetzt auf den violetten Punkt der GPS-Verortung: angeblich befand ich mich bereits auf der Hälfte der Länge des ersten Tunnels, aber offenkundig nicht drin und dann auch noch im Steilhang unterhalb des Tunnels. Schwitz und Überlegen, ob Panik angebracht wäre.

Da die Hälfte geschafft war, probierte ich, ob die anderen Hälfte......., aber nach weiteren mühsamen Metern stieß der Pfad auf zwei hohe Felsblöcke, über die man hätte hinweg klettern müssen. Die lagen auch noch an einer Bergkante, sodass der  Verlauf dahinter nicht einsichtig war. Das Risiko wurde mir zu groß und ich vollzog einen wenig geordneten Rückzug. An der Weggabelung führte ein Trampelpfad nach oben Richtung Bergkamm. Das schien die bessere Variante zu sein, zumal der ,,normale" Rückweg über sehr steile Felsstrecken ohne besonderen Halt etwa durch vertrauenswürdige Büsche abwärts führte. Den entschloss ich mich aber dennoch zu nutzen, da wusste ich wenigstens etwas über sein Ende, nämlich am Bagger. Auf dem Hosenboden – anders ging es überhaupt gar nicht – rutschte ich dann über Meter runter und das mehrmals an verschiedenen Stellen. Irgendwann kam ich wieder am Bagger an und war schwer erleichtert.

Und gucke da, jetzt – aber erst jetzt – entdeckte ich abseits des Weges eine dunkle Stelle im Hang, welche eventuell den Eingang des Tunnels bedeuten könnte. Aber diese niedliche Öffnung, welche vom Weg zurück gesetzt und noch dazu in einer Vertiefung lag, erschien – auch bedingt durch die umrahmende und tarnende Begrünung – als viel zu klein. Der spätere Versuch zeigte, dass mit ganz tiefem Kniefall und Rückenbeugen ein Eindringen doch möglich war.

Aber vorher entdeckte ich noch, dass anscheinend auf dem Irrweg beim Rumkrabbeln auf den Steilstellen mein Fotoapparat, welcher sonst im Futteral am Tragriemen vor der Brust baumelte, verloren war! Blutdruck ! Der Gedanke an den Verlust und die Notwendigkeit, nochmal in dieses Gelände zu müssen, um nach ihm zu suchen, hatte Entsetzen zur Folge! Freundlicherweise stellte sich aber kurz drauf raus, dass es sich um FakeNews gehandelt hatte. Den Apparat hatte ich entgegen der Absicht nicht im Futteral, sondern in einer Hosentasche untergebracht.

Au man...., war das ein Auftakt dieser Tour! Solcher Irrtum ist eigentlich geeignet, den Mantel des Verschweigens drüber zu legen. Aber den nicht zum Ruhm geeigneten Irrtum veröffentliche ich, weil es zu offensichtlich ist, dass ich mitnichten der Einzige war, der sich auf diesen Horrortrip in den Steilhang begeben hatte. Zum Irrtum führten mehrere Gründe. Wer – wie ich – seine Neugierde am Bagger schon im Vorfeld (Inet) und zudem in Natura noch unmittelbar vor dem Bagger gestillt hatte und beseelt vom Gedanken ans rasche Vorwärtskommen war, der lief problemlos auf dem schnurgeraden und mit keinerlei Hinweisen markierten Pfad nach vorne weiter und schon wars passiert. Dessen Komplizierung setzte auch keineswegs schlagartig ein.

Vor allem dieses: Der Irrweg wies unübersehbar gleiche, auf jeden Fall starke und vielfältige Spuren von zahlreicher Nutzung auf. Es war unzweifelhaft sichtbar, dass hier viele Leute her gegangen waren und die Spuren waren auch frisch. Da ist eine erkleckliche Anzahl an Wanderern in diesen Steilhang geraten. Mir erklärt sich auch, warum viele weiter hinten an der Weggabelung den Versuch unternommen hatten, sich zum hoch gelegenen Bergkamm durch zu schlagen: mein Smarti verortete meinen angeblichen Standort deutlich unterhalb der Tunnelstrecke! Zu der bitteren Erkenntnis, im Steilhang auf falschem Pfad zu sein, kam noch die zum Entsetzen reichende Info, weiter unterhalb im Hang und damit nicht weit von der Abbruchkante der 200 Meter Lotrechtwand entfernt zu sein. Also Flucht  nach oben Richtung Bergkamm.....
Erst zurück am Tunnel wurde klar, dass die GPS-Info falsch war. Die Hälfte der Tunnelstrecke stimmte, aber tatsächlich war die Position oberhalb des Tunnels gewesen. Was in der Lage aber nicht zur einer Erleichterung diente.

Wenn die Veröffentlichung meiner Nicht-Ruhmestat dazu beitragen sollte, dass auch nur ein oder zwei Wanderer dem gleichen Irrtum aus dem Weg gehen können, dann war sie es wert.
Meine Wegbeschreibung, die ich in keinem der anderen Berichte in gleicher oder ähnlicher Weise gelesen hatte:
2 Meter hinter dem Bagger liegt der Eingang zum ersten Tunnel. Auch wenn das aussieht wie ein etwas groß geratenes Mauseloch...., ja doch....., nach diesen zwei Metern müsst ihr da rein!


Das Beschreiten der Tunnel war in aller Regel eine leichte Übung. Die wenigen Wechsel vom Weg in die Rinne oder umgekehrt waren keine Sache. Wasser fand sich weder in der Rinne noch auf dem Weg. Es gab auf der gesamten Strecke zwischen den Tunneln nur drei Stellen, an denen kurzes Stehenbleiben und Checken der Lage angebracht schien, weil sie sowohl seitlich geneigt, als auch abschüssig erschienen und kein Halt am Rinnenrand möglich war. Eine Wegstelle war etwas sehr geneigt und unten lauerten Brombeer-Verhaue, aber da half der Rinnenrand.

Ein deutliches Wort: unter der angetroffenen guten Wetterlage empfand ich keine einzige Stelle der ,,normalen" Route (also ohne Irrtum-Strecke) als so gefährlich, dass ich in Versuchung gekommen wäre, diese Stelle nicht zu begehen. Innehalten, den Ablauf der nächsten Schritte planen und mit Konzentration langsam vor....., das ja, aber nichts zum Furcht-Erregen. Bei Nässe wäre ich aber an diesen drei Stellen wohl nicht weiter gegangen.

Kurz vor dem Ende des 8. Tunnels, also in den ,,Fenstern", hat man nochmal die Gelegenheit, sich zu verlaufen. Irgendwann zweigt links ein Tunnel ab, aber der Fensterweg geht offensichtlich geradeaus weiter. Dem bin ich auch gefolgt und stand dann nach ca. 50 Metern vor einer Wand und rechts dem letzten Fenster. Also doch zurück und in den Tunnel. Etwas versteckt in der Rinne findet sich auch die Nummer 9 als Kennung. Es lohnt sich jedoch, den kompletten 8. Tunnel bis zu seinem Ende zu begehen, zumal er dort sehr bequem und locker und sogar mit Sonnenschein zu laufen ist und die Blicke auf die gegenüber liegende Wand nun mal abgefahren sind.

Zehnter Tunnel und der Wasserweg dahinter:
Kurz vor dem Ende des 10. Tunnels ereignete sich Besonderes. Noch in diesem Tunnel wurde mir klar, dass der schwierigste Teil hinter mir liegen und der Rest ggf. mit gewissen Mühen, aber insgesamt zu schaffen sein würde. Da brach sich eine Freude Bahn, die mich regelrecht beflügelte.
Gleich hinter seinem Ausgang trugen mich diese Flügel nicht über die ,,normale" Strecke, nämlich eine kleine Brücke, rsp. einen Winzig-Viadukt, an dem es galt, gemeinsam mit dem verlegten Wasserschlauch in der Rinne den kleinen Talausschnitt zu queren. Die einsetzende Freude veranlasste mich, im Übermut außen auf dem wenige Zentimeter breiten Sims lang laufen. Das stundenlange Betrachten horrender Tiefen ließ den Talausschnitt mit vielleicht 4 bis 5 Metern als nichts weiter zu Beachtendes erscheinen. Bei gutem Festhalten an der Rinne wurde das eine launige Übung. Aber normal ist natürlich der Weg über die Betonbrücke.

Zu diesem Überschwang hatte auch der Blick auf den weiteren Verlauf des Weges längs der Rinne beigetragen. Die schlängelte sich durchaus hübsch anzusehen am Hang lang. Offensichtlich war es nicht mehr so extrem wie vorher. Es gab echten, wenn auch anfangs lockeren Wald mit seinem attraktiven Nadelholzduft und der Weg direkt neben der Rinne war über weite Strecken hin sehr gut gangbar: eine Hand an der Rinne, die Füße auf leichtem Nadelpolster und man konnte sehr flott voran kommen. Erst später hatten herunter gestürzte Felsbrocken und/oder runter gespülte Erde gelegentlich die Rinne gefüllt. Das war aber nun wirklich kein Prob., diese Stellen wurden als Hindernis schon gar nicht mehr ernst genommen. Zum Schluss der Rinnentour gelangt man dann zu den Stellen, die als verwachsen geschildert sind. Da ist dann ein Laufen neben der Rinne nicht möglich und die Zweige der Büsche seitlich und auch manchmal in der Rinne hindern zumindest das ganz rasche Vorwärtskommen. Häufiger sind auch die abdeckenden Platten eingebrochen und man muss dann mal über diese Bruchstücke in der Rinne oder mal wieder auf einem Rand schreiten. Aber......
aber an dieser Stelle ist die Landschaft schon lange beschaulich geworden, sprich: es gibt keinerlei aufregende oder gar gefährliche Steilwände mehr. So empfindet man das gelegentliche Kraxeln in oder auf der Rinne als eine rein sportliche Sache, die aber in keinster Weise den Genuss hindert, welcher sich seit dem Verlassen des 10. Tunnels eingestellt hat. Von irgendeiner Art an Erschöpfung konnte zumindest ich nichts feststellen, was ggf. an den Flügeln lag, welche mir im 10. Tunnel gewachsen waren. Dieser Streckenabschnitt vermittelt derart viel Freude, Genugtuung und gute Laune, dass alle diejenigen, welche in den Tunneln retourniert sind, definitiv das Erbaulichste an der gesamten Strecke verpassen.

Als ob es noch eines zusätzlichen Beweises für die Attraktivität dieses letzten Abschnittes bedurft hätte, kam es noch zu einer Begegnung mit einem Exemplar der seltenen Berg-Tiger auf Teneriffa!
Wa? Tiger auf Teneriffa? Ja, gibt es, ein Exemplar hatte ich gesichtet. Kaum nach dem 10. Tunnel über den Mini-Viadukt und auf die ersten Meter des dort eher gemütlich verlaufenden Weges neben der Wasserrinne gelangt, nahm ich voraus das Geräusch des Klappern eines der die Rinne abdeckenden Platten war. Eher aus den Augenwinkeln gab es auch eine sehr schnelle Bewegung. Und da war er, der Tiger ! Es handelte sich um die Spezialversion des ,,felix catus", mithin um einen ,,Stubentiger". Er war grau-weiß gestreift, also echt getigert und flitzte schnellstens voran, von mir weg und mit einem Riesensatz von der Rinne runter und verschwand zwischen Felsbrocken in den Hang hoch. Das war so viele Kilometer und Höhenmeter von der nächsten menschlichen Behausung entfernt, dass die Aussage erlaubt ist: die Mieze war oder hatte sich ausgewildert. Diese These wird gestützt durch die Aussage, dass am vorigen Viadukt die einzige zugängliche Wasserstelle auf dieser Tunneltour lag. Durch eine kleine Beschädigung des dicken Schlauches gelangte genug für einen Micro-Bach raus.

 
Die Gegend hinter dem 10. Tunnel hat erkennbar viel zu bieten: unbedingt dort auch hin!
Der restliche Abstieg über die weit geschlungene Forstpiste bis zum Erreichen des Leihwagens war einfach nur schön. Der Blick zurück in die Gebirgslandschaft, der weite Blick ins Tal, auf die Stadt und vor allem die Küste verwöhnte das Auge. Am Abstellplatz des Wagens gabs noch die bis dato einzige Gelegenheit, Wasser direkt aus einer Wasserrinne zum Trinken und/oder Händewaschen zu nutzen. Aber auch hier noch Obacht: zwecks des noch immer recht steilen Weges ist die Fließgeschwindigkeit in der offenen Rinne eher eine Schießgeschwindkeit: das spritzt formidabel!
Auf dem Weg mit dem Wagen ins Tal empfehle ich vor allem anfangs, nur den ersten Gang zu nutzen und es vor den vielen unübersichtlichen Kurven sehr langsam anzugehen zu lassen. Wäre zu schade, wenn im Überschwang der Freude über das Erlebte sich ,,was Knitterndes" ereignen würde.

Grüße und guten, eigenen Erfolg bei dieser außergewöhnlichen Tour,
picass


Es folgt ein dritter Teil, welcher nur noch für 8 weitere Bilder erstellt wurde.
strecke7.jpgstrecke8.jpgstrecke9.jpgtunnel1.jpgtunnel2.jpgtunnel3.jpgtunnel4.jpglandschaft1.jpg

picass

Die restlichen 8 Bilder

Grüße, picasslandschaft2.jpglandschaft3.jpglandschaft4.jpglandschaft5.jpglandschaft6.jpglandschaft8.jpglandschaft9.jpglandschaft10.jpg

Ottmar

Danke!
Auch wenn ich diesen Weg nie gehen werde, habe ich die Schilderung mit Spannung gelesem Dafür gibt es: daumen_hoch daumen_hoch daumen_hoch 3xdaumen_hoch
Auch die Bilder sind beeindruckend.
Bin begeistert! 😃

picass

Zitat von: Ottmar in 20.03.2024, 18:42:01 CETAuch wenn ich diesen Weg nie gehen werde.........
Ab jetzt gehen wir da Hand in Hand. Denn auch ich gehe davon aus, diesen Weg nicht mehr zu gehen. Fraglich, wann meine Frau und ich überhaupt noch mal nach Teneriffa kommen und weder klappt das mit dem "Jünger-Werden" bei mir, nicht mal der Status Quo kann fest gefrohren werden. Deshalb war ich in diesem Urlaub davon ausgegangen, dass es die letzte Möglichkeit in meinem Leben sein würde. :-[  Auch die "Genehmigung", rsp. Zustimmung meiner Frau zu solchem Abenteuer ist schließlich zu beachten.

Ein Bild ließ sich in den obigen Beiträgen nicht mehr unterbringen (max. 8 pro Beitrag), das würde ich für Wander-Interessenten hier noch anfügen wollen. Es ist eine Übersichtkarte über die Strecke. Leider endet die Karte am rechten Rand, deshalb ist auch die 2 km entfernte Stadt Güimar nicht mehr drauf. Aber u.a. der für das Abstellen des Leihwagens sorgfältig ausgesuchte und gut geeignete Platz ist markiert.

An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen am und im Forum Werkelnden für die freundliche Zustimmung zu der Einstellung dieser etwas µC-mäßig wesensfremden Inhalte. Danke !
Grüße, picass
parkplatz guimar.jpg


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